Ja, wir haben es gestern noch gewagt und sind eine Runde durch das Freilichtmuseum gegangen.
Es war wirklich sehr naß, trotzdem interessant, die Häuser wenigstens von außen zu sehen (alles andere war nämlich noch geschlossen). Es gab einen 7 km-Rundweg, der allerdings war uns zu weit. Die Abkürzung ergab interessante Aspekte der für den großen Memel-Stausee abgerissenen und hier wiederaufgebauten Gebäude - immerhin mußten 45 Dörfer dem Wasser weichen.
Etwas unentschlossen bewegten wir uns dananch weiter am See entlang wieder in Richtung Stadt und landeten bei dem angeblich schönsten Barockkloster Litauens am Rand von Stadt und Stausee. Wir widerstanden der Versuchung, uns der Wärme des im Klosterkomplex ansässigen Restaurants anheimzugeben und schlichen uns stattdessen seitlich durch ein kleines Türchen ins Kloster. Auch die Ausstellung über den uns gänzlich unbekannten Kamaldolenserorden besahen wir uns noch.
zwei Kerzen für Atze und Boogie |
Aber dann zog es uns ins heimische Campingfahrzeug. Wir versuchten noch einen Abstecher zu einem Yachtclub mit angeblichem Stellplatz für Wohnmobile, gaben aber bereits am Tor auf, denn nichts deutete darauf hin, daß wir hier bleiben könnten. Stattdessen bezogen wir Quartier am Parkplatz des Sees, kochten uns ein Essen und sahen zu, wie sachte Schneeflocken sich über das Gelände senkten.
Einem Sport, das haben wir schon begriffen, huldigen die zumeist jungen Litauer gern: sie sitzen in meist nicht ganz preiswerten Autos, essen Fast-Food, hören dazu Musik auf Brüll und lassen ab und zu auch gern mal den Motor aufheulen.
Wir ahnten aber nicht, daß sie das an unserem Parkplatz bis morgens um 3 tun würden.
Leider war es aber genau so.
Ich begegnete heute Morgen beim Ausleeren der Kasettentoilette (es gab eine Möglichkeit auf dem Parkplatz) einem jungen Litauer aus Vilnius, der das ganz normal fand. Wir sprechen eine Weile, aber er ist sehr distanziert.
Übrigens habe ich Schwierigkeiten, Zugang zu Land und Leuten zu finden: die meisten sind sehr introvertiert bis mürrisch, Blickkontakt oder mehr findet sehr selten statt, Lächeln kaum. Es ist, als ob die Kälte sich bis in die Innereien ausgebreitet hätte. Auch verstehe ich noch nicht so ganz, was eigentlich die Besonderheiten in diesem Land sind. Aber vielleicht ist das auch sehr schwer zu erkennen, nachdem es so lange Zeiten unter so unterschiedlichen Besatzungen gelitten hat.
Wir fuhren in die Stadt. Hier gibt es eine wiederaufgebaute Burg. Das ist ja auch nicht so mein Fall. Ansonsten ein recht unterschiedliches Straßenbild mit modernen, alten Backstein- und klassizistischen Häusern. Klar, die Russen, die Deutschen und dann wieder die Russen haben jeweils bei ihrem Abzug alles zerstört, um dem Feind nichts zurückzulassen.
Endlich kommen wir auf einen goßen Markt: allerlei Erzeugerwaren werden hier angeboten, es gibt Kinder-Belustigungen, ein Bühne mit einer sehr guten jungen Sängerin, Menschenmengen, ein Gefühl von Ausgelassenheit und Freude. Das tut gut.
Ein Museum zur Geschichte der Stadt im ehemaligen Präsidentenpalast |
Wir verlassen die Stadt Kaunas und fahren auf der Autobahn nach Vilnius. Über meinem Bett hat es gestern getropft und wir möchten gern mal wieder irgendwo stehen, wo es nachts ruhig ist und wir nachsehen können, ob mit der Karre alles in Ordnung ist.
Dieser Platz hier ist großartig. In einem Wohngebiet vermutet man eigentlich keinen Campingplatz, aber hier, im Garten eines großen Wohnhauses, gibt es Stellmöglichkeiten mit allem, was dazugehört, für 5-6 Wohnmobile. Das Haus beherbergt außerdem ein Hostel. Wir dürfen die hiesigen Duschen und Toiletten ebenfalls nutzen, es gibt eine Halle mit Klavier (!) und Büchern, einen Garten mit diversen Grillmöglichkeiten usw usw. Alles fußläufig von der Altstadt entfernt.
Harald stürzt sich begeistert in die Karre, um das Fußballspiel anzusehen (es ist ja schließlich Samstag), ich sitze mit einem Rotwein in der Lobby und beobachte das Kommen und Gehen.
Vilnius hat viel zu bieten, das sehen ich in einem vom Hostel angebotenen Stadtführer. Für morgen ist Dauerregen angesagt. Ich glaube, den Tag verbringe ich im Spa.
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