Diese Etappe sollte ja ein bisschen leichter sein als die gestrige.
Aber erstens musste ich die vom Caminho abgewichenen Kilometer wieder einholen und zweitens regnete es am Morgen. Von der Unterkunft bis Alvaiazere waren es dann auch mindestens 5 km, das macht für Fußgänger schon einen Unterschied. Den Regenschutz hatte ich schon gleich ausgepackt und für gut befunden. Jetzt ging‘s aber erst mal die ungeliebten Landstraßen mit den portugiesisch rasenden Autofahrern entlang. Die Berge, über die ich wandern sollte, lagen im dicken Nebel.
Auf der Fahrbahn lag ein plattgefahrenes Kaninchen. Wenig später ein totes Schaf auf der Weide. Böse Vorzeichen? Meine Versuche, immer einen Stock rechts rauszuhalten, damit ein gewisser Abstand eingehalten wird, waren auch nicht sehr erfolgreich, weil ich im letzten Moment den Stock natürlich zurückzog. Dann muss man noch bedenken, dass die Kilometerangaben recht relativ sind (meist zuungunsten der Wandersfrau).
Als ich da so unschlüssig am Straßenrand stand, hielt ein Taxi mit einem Fahrgast. Der freundliche Fahrer fragte, ob er mir helfen kann. Kurzentschlossen stieg ich ein. Wir brachten erst den Fahrgast zu seinem Gesundheitszentrum, dann stellte er den Taxameter an und fuhr mich zum Einstieg des Caminho hinter der bergigen Nebelsuppe. Das waren nur 5 km, aber sehr gut für mich. Irgendwie hätte ich da oben am Berg heute Angst gehabt.
Es ging dann durch paradiesische Gefilde meist bergab, aber auch bergauf. Sehr schöne Landschaft mit teilweise seltsamen Gebilden.
Da hier umgekehrt auch der Pilgerweg nach Fatima (Portugals größte und berühmteste Pilgeradresse) verläuft, traf ich unterwegs auch Martinez, einen Brasilianer, der dorthin unterwegs war und mich leicht verzweifelt fragte, ob demnächst eine Bar zu erwarten wäre. Ich musste ihn leider enttäuschen.
Frühstückspause in Ansião, eigentlich zu früh, aber es bot sich an.
Hier traf ich die beiden Deutschen wieder, die ich unterwegs schon immer mal von ferne gesehen hatte, und auch zwei Amerikanerinnen, Jaqueline und Ivy. Es stellte sich heraus, dass wir abends dieselbe Unterkunft in Alvorge haben würden. Ich machte mich dann wieder auf den Weg, traf die beiden dann immer wieder, bis wir uns in Alvorge endlich wieder sprachen. Sie saßen auf einer Bank und waren etwas ratlos. Unsere Unterkunft war nochmal 4 km weiter draußen, jetzt mal im Ernst keine Kleinigkeit für Menschen, die 27 km oder mehr in den Knochen hatten. Grimmig machten wir uns auf den Weg - natürlich weg vom Caminho und natürlich immer die Straße entlang.
Endlich angekommen, trafen wir auf Maria Paula, eine Mama mit Baby auf dem Rücken, die leicht verwirrt war und ein Riesen-Bohei um Registrierung und alles Mögliche machte. Ivy war genervt, Jaqueline und ich entschlossen uns, die Situation mit Humor zu nehmen. Es gab einen mit Polstermöbeln ausgestatteten Raum im Souterrain, wo auch einige Weinflaschen lagerten. Ich öffnete eine für uns. Maria Paula, die immer, wenn es kompliziert zu werden drohte, sagte, sie müsse jetzt ihr Baby stillen (das Baby schlief die ganze Zeit friedlich auf ihrem Rücken), bot uns dann an, uns in ein Restaurant zu fahren. Wir hatten nämlich zu Fuß keine Lust, fürs Essen nochmal 8 km zurückzulegen.
Kurzum: die beiden sind jetzt mit Maria Paula unterwegs, ich hatte noch einen Apfel, etwas Käse und ein paar Nüsse im Rucksack, und morgen früh nehmen wir uns zu dritt ein Taxi nach Rabaçal.
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