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24.09.2022 Dreiundzwanzigster Tag auf meinem Camino: Redondela - Pontevedra

morgendliche Packroutine

 Der Abmarsch aus Redondela wurde begleitet vom unablässigen Geschnatter der vielen spanischen Pilgergruppen, die alle mit Tagesrucksäcken unterwegs sind. Das Pilgeraufkommen ist hier so groß, weil zwei Caminos zusammentreffen.

 Mit der Stille ist es also weitgehend vorbei.

Allerdings war dann beim ersten Anstieg Ruhe.

 Die Infrastruktur ist unglaublich: man bekommt mitten im Wald Stempel, Anhänger, Jakobsmuscheln, Bananen - was man so braucht.

 



Für mich irgendwann genau richtig, denn das Wasser war mir ausgegangen. Längerer Schwatz am „Versorgungsposten“, man empfahl mir für Pontevedra eine Alternativroute (die ich dann auch gegangen bin - etwas länger als der klassische Camino, aber dafür wunderschön an einem mäandernden Bächlein entlang), der mögliche Zustand meiner Füße wurde erörtert, die Enkelkinder - und ich bekam meine Flasche Wasser geschenkt.

 
Es wehte heute ein gar nicht so schwacher Wind, der mich zwischendurch immer überlegen ließ, ob ich die Jacke anziehen soll. Ich ließ es sein, denn bergauf - und es  waren heute ein paar Höhenmeter - kam ich sowieso ins Schwitzen.

Womöglich ändert sich das Wetter, für Mitte nächster Woche ist in Santiago Regen angesagt.

 

Viele Pilger immer wieder getroffen, aber mit niemandem länger gesprochen. Nach dem eher hässlichen Arcade gab es in Ponte Sampaio noch mal einen hübschen Abschnitt durch den alten Ort.

 
Zwei Kinder boten vor ihrer Haustüre Glückssteine an. Ich glaub, der kleine Junge war etwas betrübt, weil ich den unbemalten seiner Schwester (?) den seinen (die bemalt waren) vorzog. Er tröstete sich dann aber schnell, weil ich ihnen 1 € gab, und sagte, das sei für Beide (ich hatte keine kleineren Münzen).

 

Der Weg wird urban - die Landschaft könnte zwischendurch auch mal im Sauerland sein - die Häuser stattlicher, das Flair des Südens ist verschwunden. An einem Punkt kreuzt man eine riesige Autobahnbaustelle.

 

Dennoch immer mal wieder die ländliche Herzlichkeit von Menschen am Wegesrand: ein Autofahrer kam gegen den Pilgerstrom bergab gefahren, hupte bei jedem Einzelnen und wünschte „Bo camino“,

 



Ich dachte beim Laufen zum ersten Mal richtig darüber nach, wie viele und teilweise unglaublich schöne Kilometer ich bisher zurückgelegt habe. Ließ es aber schnell wieder sein, denn all die widersprüchlichen Gefühle, die da plötzlich auftauchten, wollten mich überwältigen.


 

Das heb ich mir bis zum Schluss auf.




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