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17.09.2022 Sechzehnter Tag auf meinem Caminho: A Ver-o-mar nach Marinhas

 

Hatte gestern Abend ein feudales Dinner in meinem Hotel am Strand. Als ich den Kellner nach einem Tisch fragte, machte sich hinter mir ein Herr bemerkbar, fragte, ob ich auch allein sein und schlug vor, zusammen zu essen. Paul ist Australier, mit dem E-Bike unterwegs, emeritierter Universitätsprofessor und noch nicht ganz frei von Verpflichtungen (u.a. betreut er noch eine Doktorarbeit). Wir bestellten uns eine Flasche Rosé, nachdem wir alle Töpfe auf dem Buffett untersucht hatten: es gab reichlich Salate, eine Kohlsuppe, diverse Fleisch- und Fischgerichte, viiiiiel Gemüse, Reis und Kartoffeln und mindestens 10 verschiedene Nachspeisen. Und das alles für 17€. Eine kleine Dänemark-Invasion aus Billund (wie ich erfuhr), ca. 40 Personen gesetzten Alters strömten in den Speisesaal und sangen erst mal ihre Nationalhymne. Warum sie das machten, habe ich nicht herausbekommen. Sie hielten mich natürlich für eine Schwedin und versicherten mir gleich, dass heute nicht der Geburtstag ihrer herrlichen Königin Margarete war. Gottseidank haben sie am Buffett auch was übriggelassen, denn ich hatte ja den ganzen Tag noch nichts gegessen.

 









Nach einem superguten Nachtschlaf machte ich mich gegen 8 wieder auf den Weg. Der Rezeptionist wünschte mir „Bom Caminho“ und erzählte, er sei den Küstenweg selber schon 5-mal gegangen.

 

Paul wurschtelte auch schon an seinem Rad herum: also mit 16 kg Gepäck kann das ja nur sehr umständlich sein! 🙈

 

Das Meer zeigte sich geheimnisvoll im Dunst mit herrlicher Brandung. Die Luft war frisch und salzig. Vereinzelt trotteten schon wieder Pilger auf dem Bohlenweg. Ich hielt ein bisschen Abstand.

 

Konnte dann auch lange meine Meilen machen. Die Landschaft wurde fruchtbarer und grüner, es gab Gewächshäuser, einen Golfplatz (!),

 der Bohlenweg endete und ich war mal wieder in einem Eukalyptuswald. Eine Peregriña vor mir drehte sich entzückt um und fragte: Eukalyptus? Es stellte sich heraus, dass sie Deutsche war. Wir gingen ein paar Kilometer zusammen und unterhielten uns gut.

 

Vorbei an einem Fußballstadion, wo man sich für ein Spiel rüstete (es ist ja Samstag!) kamen wir dann nach Fão. Hier trennten wir uns wieder.

 

Ich strollte über den Markt, überquerte den Fluss

 

 

und war schon in Esposende, das im Kern ein hübsches Städtchen ist.


 

Es war gegen 14 Uhr und plötzlich tauchten wieder Horden von Pilgern auf, die alle ziemlich verbissen vor sich hin marschierten. Meine Vormittagsbegleitung hatte mir erzählt, dass es immer einen ziemlichen Run auf die Schlafplätze in den Herbergen gibt, die man nämlich nicht reservieren kann.

Bin ich froh, dass ich da nicht mitmachen muss.


 

So sehr ich mich südlich von Porto manchmal geärgert habe, wenn eine Unterkunft etwas „ab“ vom Wege war, weil es natürlich zusätzliche Kilometer waren, so erlösend finde ich es jetzt, wenn ich etwas aus dem „Massentrampeln“ rauskomme. Ich gehe auch nicht mehr so lange Etappen wie südlich von Porto. Da waren es 30+ Kilometer/Tag - jetzt gehe ich etwa 10 weniger. Und die Wege hier sind ja bisher äußerst bequem für die Füße.

 


Ich bin wirklich nicht scharf auf irgendwelche Partys in Herbergen und zweifle außerdem daran, dass die Begegnungen immer und anders als anderswo zu intensiven Gesprächen führen. Das sind romantisierende Schwärmereien über einen Tourismuszweig, der auf einem anderen Niveau liegt als andere, aber eben auch Tourismus ist. Seit Porto ist mir das klargeworden. Mein Wirt hier in dem Dörfchen, in dem ich jetzt bin, sagt ganz deutlich: wir brauchen die Pilger. Das ist ein Wirtschaftszweig.


Bis spät in die Nacht nahm ich an einem fulminanten Dorffest teil

Gefeiert wurde die Maisernte


Die Festkönigin Serafina

zu Essen und Trinken gab es reichlich

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