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10.09.2022 Neunter Tag auf meinem Caminho: Coimbra-Sernadelo

 

Es ist immer schwierig, aus den Städten hinauszufinden. Da aber Coimbra schon um Einiges größer ist als die vorherigen, hatte ich heute besonders lange das Vergnügen, bis ich meinen ersten Wegweiser fand. Natürlich kann man die Richtung schon mal einschlagen, aber man weiß nie, ob und wann man dann auf den Caminho stößt.

Es war neblig und grau um 8 Uhr morgens und angenehm frisch.

 

     
Dieser marcher Arrant wird mich heute den ganzen Tag "verfolgen"


Nachdem ich nach einer halben Stunde endlich das schlimmste Stadtgetümmel hinter mir gelassen hatte, ging es eine kleine Straße entlang, die - oh Wunder! - sogar eine Abgrenzung zum Schutz von Fußgängern hatte.

 

Wohl eine beliebte Strecke für Radrennfahrer, denn von denen sah ich etliche. Pilger allerdings den ganzen Tag keine, außer Richtung Fatima (die kamen mir entgegen).

 

Wieder grüßten alle Menschen, denen ich begegnete, freundlich und wünschten mir einen guten Weg.

 

Inzwischen hat sich mein Pilgertag auf eine gewisse Routine eingespielt: ich gehe die ersten 10/12/15 km, bevor ich mich in einer Bar zum Frühstück einquartiere, nehme da einen großen Milchkaffee, einen Orangensaft und ein Brot mit Käse zu mir, lüfte meine Füße und checke das Internet. Unterwegs bin ich immer im Flugzeugmodus, um Akku zu sparen, und weil es lästig ist, wenn die Applewatch andauernd brummt.

 

Ich hatte ein kleines Dorf durchquert, da die Vorbereitungen zu einem Fest bestaunt und einen Schwatz mit einer Frau gehalten, die Kohlblätter von diesen langen Stängeln erntete, die es nur hier gibt. Leider gings dann wieder auf eine befahrenere Straße und bergauf, so dass ich oben dann in einer Mischung aus Bar und Einkaufsladen meine Frühstückspause machte. Es war nett, zuzusehen, wie die Familien, aber hauptsächlich die Frauen, zum Einkaufen kamen. Fast alle tragen einen Eimer mit sich herum. Da können Blumen (heute musste wohl der Friedhof bedacht werden) oder auch Gemüse drin sein.

 



Jetzt kam dann auch die Sonne raus und auf einen Schlag wurde es heiß. Ich zog meine Schirmmütze auf und machte mich wieder auf den Weg. Es war keine schöne Etappe heute: fast NUR Asphalt und dann nicht nur durch viele kleine Dörfer, sondern auch wieder bergauf entlang einer riesigen, dreispurigen Straße mit viel Verkehr. Einzig ein paar Kilometer durch Eukalyptus-Kiefernwald auf einem Sandweg gaben zwischendurch lichten Schatten, würzigen Duft und damit Energie und den Füßen Erholung.

Dieses Gedicht von Antonio Machado wurde mir zu Beginn meiner Wanderung mit auf den Weg gegeben und begegnete mir hier am Straßenrand wieder

 

Aber immerhin zuweilen Aufmunterung am Straßenrand. Und wo immer die Peregriña sich suchend nach dem nächsten Pfeil umschaut, weist ein altes Mütterchen am Rollator oder ein freundlicher Weinbauer den Weg. Ich bin derart bevölkerte Gegenden ja von meinen Etappen vor Coimbra gar nicht gewohnt, denke auch manchmal sehnsüchtig daran zurück.





Wie schön fühlt sich ein Schatten im Wald an, wie erholsam sind die Düfte der Pflanzen und Bäume, wie herrlich kühlt ein kleiner Wind die verschwitzte Haut.

Der Asphalt speichert die Hitze und was von Oben schon zu viel ist, wird unten nochmal reflektiert. Die Füße brennen.

 

Ich habe mir heute keine Übernachtung vorgebucht. Unterwegs las ich zwei Hinweise auf Unterkünfte, aber setzte nach den Erfahrungen der vergangenen Woche jetzt einfach auf mein Glück und unternahm nichts.

 

Als ich den Ortseingang nach Mealhada passierte (natürlich wieder auf großer Straße und Kreisverkehr!) schwante mir aber Übles, denn ich sah ein Plakat mit der Ankündigung Samba-Festival 9. und 10. September. Ich betrat eine Bar im Örtchen und befragte den Wirt nach Unterkunftsmöglichkeiten. Der erklärte mir, was ich seit dem Plakat schon wusste, war aber trotzdem so freundlich für mich eine Weile herumzutelefonieren. Ich bedankte mich mit einer Hamburger-Cerveja-zero-Vinho-branco-Agua-Bestellung. Am Ende kam heraus, dass die einzige verfügbare Unterkunft hier im Umkreis ca. 5 km zurück lag.😱Shit happens.

Ich nahm dann doch ein Taxi für 4,50.

 

Hier ist es ganz okay, gibt natürlich wieder nix zu essen (aber das hatte ich ja schon), und draußen am Pool (jawohl!) tobt eine Hochzeit, aber der Padron hat mir versichert, dass der Lärm um 21 Uhr aufhört.

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